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Friday, September 17, 2010

'Weiter im Blues': Karl Wagners Aufsätze über Peter Handke

Auf dem Weg ins andere Österreich

14.09.2010 05:20
'Weiter im Blues': Karl Wagners Aufsätze über Peter Handke
Karl Wagner, Germanist an der Universität Zürich, legt hier seine Handke-Arbeiten aus dreißig Jahren vor, oder er 'legt' genau genommen gar nichts 'vor', sondern seine Freunde und Kollegen haben Wagners verstreute Aufsätze eingesammelt und zum Druck befördert. Das haben sie wahrscheinlich auch deshalb getan, weil sie Handke mögen und Wagners Blick auf Handke. Über diesen Blick lässt sich sagen, dass er anfangs ein kritischer war. Im frühesten Aufsatz des Bandes, aus dem Jahr 1979, kritisiert Wagner Handkes 'Rückzug in den geschichtslosen Augenblick'. 'Schwer frustriert', wie er später bekennt, vom Siebziger-Jahre-Handke und dessen Hang zum (damals sagte man so) Eskapismus, vermisst er bei Handke die Bereitschaft zur (noch ein Wort aus jener Zeit) literarischen Intersubjektivität.
Entweder hat sich Handke seit damals geändert oder Wagner, jedenfalls bekunden Wagners spätere Aufsätze eine große Sympathie für Handke. Unkritisch sind sie deshalb nicht, vor allem wenn es um Handkes öffentliche Einlassungen geht. Einem Journalisten etwa hat Handke gesagt, journalistische Sprache bestehe aus 'vorgefertigte(n) Sätzen', 'man weiß immer schon vorher, was drin steht'. Das will Wagner so nicht gelten lassen, aber Handke hat es vielleicht so auch nie gemeint. Man kann mit ihm schwer in eine Erörterung darüber eintreten, was journalistische Sprache gegebenenfalls mehr und anderes wäre als 'vorgefertigte Sätze'. Deswegen wird Wagners Hinweis, Handkes öffentliche Äußerungen unterschritten bisweilen sein eigenes 'Reflexionsniveau', auch kaum Einfluss auf Handkes Äußerungen haben. Zwischen Handkes poetischem Zorn und der moderaten Gemütslage einer argumentativen Literaturwissenschaft ist das Gespräch manchmal erschwert.
Für Wagner ist Handke, wie es aussieht, der allerwichtigste deutschsprachige Gegenwartsautor, und dies aus mindestens zwei Gründen: Handke weist der Literatur einen Weg hinaus aus der in Konvention erstarrten Avantgarde; es ist nicht der Weg der 'Postmoderne' oder einer simplen Rückkehr zu den Rezepturen des klassischen Realismus, sondern einer, der ältere, vormoderne und vorbürgerliche Weisen des literarischen Singens und Sagens behutsam wieder aufgreift.
Der andere Grund ist ein sozusagen innerösterreichischer: Handke hat, vor allem mit von Wagner und anderen als dessen opus maximum gepriesenen Roman 'Die Wiederholung' (1986) ein 'anderes Österreich' literarisch konstruiert, eine, wie Wagner schreibt, 'ebenso filigrane wie dezidierte Alternative zu der imperialen Vergangenheit und zum nationalsozialistischen Gewaltzusammenhang'. Handkes Österreich-Phantasie bezieht sich auf einen geographischen und Erfahrungsraum, der nicht an Österreichs Grenzen endet (deshalb war man in Slowenien über Handke nicht immer froh), und sie geht von Figuren aus wie dem Partisanen, dem Kleinbauern oder der Magd. Eine andere Sozialdemokratie könnte, das deutet Wagner an, in Handke einen Verbündeten haben, aber so weit wird es wohl doch nicht kommen.
Wagner ist ein gründlicher und subtiler Leser von Handkes Büchern und liegt mit seinen Beobachtungen fast immer richtig. Ein wenig neigt er dazu (was man ihm nicht verübeln muss), Handke zu mythologisieren: er ist bei Wagner schon fast zur Legende geworden, wie ein alter fahrender Bluessänger, oder wie Handkes eigene Idole Van Morrison und Bob Dylan.
Wagner sieht Handke wie Dylan auf einer 'Never Ending Tour': der alte Zorn ist verraucht (aber nicht ganz), die wichtigen Bücher sind geschrieben und die, die noch kommen, werden das schon Geschriebene 'wiederholen' (aber noch lässiger). Aber die Tour geht weiter, mit dem einen Unterschied zu Dylan, dass wir ihn fast jede Woche live hören können, wenn wir wollen, und Handke nicht. 'Weiter im Blues' heißt Wagners Buch. Also dann. CHRISTOPH BARTMANN
KARL WAGNER: Weiter im Blues. Studien und Texte zu Peter Handke. Weidle Verlag, Bonn 2010. 312 S., 21 Euro

 http://www.sueddeutsche.de/a5P38p/3581352/Auf-dem-Weg-ins-andere-Oesterreich.htmlhttp://handke-magazin.blogspot.com/2010/06/handke-magazine-is-over-arching-site.html


Thursday, September 2, 2010

LOTHAR STRUCK FINALLY GETS SOME NOTICE FOR HIS DEVOTION TO HANDKE!


Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms

Bloggen im Bleistiftgebiet: Eine Düsseldorfer Begegnung mit Peter Handkes treuestem Fan
Von Marc Reichwein
Eigentlich wollte man ja nie so genau wissen, ob Peter Handke wirklich solche Anhänger hat. Aber halb unheimlich, halb faszinierend war er dann doch, dieser Typ aus dem Roman "Mein Jahr in der Niemandsbucht". Ein Leser, der seinem Autor nachstellt: In einer Pariser Vorortkneipe lauert er dem Schriftsteller auf - und rückt ihm für den ganzen Rest des Tages nicht mehr von der Pelle.
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"Befremdend", so Handke, "daß der Leser, ausgenommen für mich, für nichts Augen hatte. Meinen Sohn, nachdem ich den abgeholt hatte, übersah er ebenso wie Leute und Räumlichkeiten der Vorstadt, durch die er uns dann beim Einkaufen begleitete. Im Haus, wo ich ihn zum Nachtmahl einlud, streifte er mit keinem Blick auch bloß das Feuer im Kamin, und all die Zeit, da ich zuvor im Garten das Holz hackte, stand er daneben und trug weiterhin aus meinen Werken vor, bis ich wünschte, eins der Scheiter sollte ihm an den Kopf fliegen."
Das tut weh. Wenn schon Handke selbst sich seine treuesten Fans als fiese Stalker und geistige Sektenmitglied vorstellt, was sollen dann all die anderen denken? Jene, die Handke-Leser sowieso schon immer für eine abgefahrene, undurchsichtige, esoterische Spezies gehalten haben? Und war es nicht Helmut Krausser, der in seinen Tagebüchern als neues Schimpfwort vorschlug: "Du Handkeleser!"
Naja, es war ja nicht immer so: Handke war bis Ende der Siebziger richtig hip, ein echter Star des Literaturbetriebs. Dann verschrieb er sich der Innerlichkeit. Und in den Neunzigern kam Serbien. Heute, sagen böse Zungen, sind vor allem die Leser übrig, die ihn wirklich so wollen. Geht echtes Handketum also nur noch unironisch?
Machen wir die Probe aufs Exempel und suchen ihn auf, den bekennenden Handke-Leser. Es ist einer, den so nur das Internet in unsere Aufmerksamkeit spülen konnte: Gregor Keuschnig, der uns mit seinem Blog "Begleitschreiben" seit bald fünf Jahren als Ein-Mann-Feuilleton, Hort der Handke-Expertise und natürlich wegen seines Namens aufgefallen ist. Allein schon dieser Nickname "Gregor Keuschnig" bedeutet Handke-Anhängern ja ein literarisches Programm: Die multiple Figur tritt in gleich mehreren Handke-Werken auf.
Erklärter Patron des Blogger-Keuschnigs ist, wie er später verraten wird, "Keuschnig I", also der Pressereferent für die österreichische Botschaft in Paris aus "Die Stunde der wahren Empfindung" von 1975. "Der gefiel mir irgendwie", sagt Keuschnig (der Blogger), und tatsächlich macht Keuschnig I einen Job, der dem heutigen Monitoring und Watchblogging in nichts nachsteht: Er muss das Österreichbild in den französischen Medien überwachen und hat bei Bedarf "korrigierende Briefe" an die Zeitungen oder das Fernsehen zu schreiben. "Keuschnigs berichtigende Briefe wurden selten beachtet", heißt es in dem Buch. Und auch für "Begleitschreiben" kann man nicht gerade von heftigem Traffic sprechen: 80 bis 120 Besucher am Tag - im Vergleich zu einem Niggemeier ist das nichts. Aber ein Niggemeier bloggt auch nicht über Handke-Briefwechsel.
Verabredet sind wir jetzt aber ganz öffentlich, mitten in Düsseldorf - heikles Handke-Pflaster seit der beispiellosen Posse um den 2006 dann doch nicht verliehenen Heine-Preis für Handke. Wir sind so frei und treffen uns direkt am Heine-Geburtshaus in der Bolker Straße. Da also steht er schon, Gregor Keuschnig. Im echten Leben heißt er Lothar Struck und trägt eine interessante Herrenhandtasche aus Leder. So ziemlich genau das, was man bei Leuten wie Dieter Thomas Heck als Herrenhandgelenkstasche eigentlich fürchtet, das baumelt bei ihm an einem meterlangen Riemen leger über die Schulter. Ist das jetzt ein Accessoire, das man beim Botschaftssekretär Keuschnig überlesen hat? Oder gar ein tribalistisches Erkennungszeichen? Stellt die Herrenhandtasche in der Handke-Gemeinde sozusagen das Pendant zu dem dar, was für Judith-Hermann-Jünger die Umhängetasche aus LKW-Plane bedeutet?
Wir suchen uns ein Straßencafé in der Fußgängerzone. Struck ist ein rheinisch-frohnaturiger Gesprächspartner, ohne auch nur einen Hauch von Handke-Esoterik. Die hatte man aber auch gar nicht erwartet, im Gegenteil. Wer "Begleitschreiben" kennt, weiß, dass es da sowieso nicht nur um Handke geht, sondern auch um Politik, um Sachbücher, um Medien. Dem bloggenden "Tagesschau"-Chefredakteur Kai Kniffke las Struck mit seiner berechtigten Kritik an der Kachelmann-Berichterstattung schon die Leviten. Den Kritikern an Steffen Seiberts Wechsel vom ZDF zur Kanzlerin sagt er: "Journalisten sind keine Meinungseunuchen."
Struck hat indes niemals nur einfach eine Meinung (wie viele Blogger), er kann und will sie auch immer begründen, verlässt sich nie allein auf die Kraft der bloßen Pointe oder Polemik. Auch deshalb ist er ein im besten Sinne des Wortes kritischer Mensch, ja seine Beiträge wirken, gemessen am üblichen Standard der Blogosphäre, manchmal fast zu ernsthaft.
Die Tatsache, dass er in seinem Brotberuf mit Chemikalien handelt, mag Struck auch für seinen umsichtigen Umgang mit den brisanten Handke-Stoffen (Jugoslawien) prädestinieren. Anti-süffisant, anti-alarmistisch, einfach angenehm nüchtern ist sein Ton, den man im Handke-Feuilleton - zumal seit seiner Forderung nach "Gerechtigkeit für Serbien" - strukturell eher vermisst. Wie aber gerät ein nicht unbedingt literaturwissenschaftlich sozialisierter Leser wie Struck überhaupt zu so einem "Germanistenschmaus" wie Handke?
Am Anfang des Handke-Lesens stand bei Struck, wie bei so vielen, "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter". "Zähl ich heute nicht mehr zu den Highlights", sagt er nonchalant und ergänzt etwas, das Handke-Hasser wahrscheinlich aufhorchen lässt: "Ich find' den späten Handke ja viel besser als den ganz frühen." Struck meint damit tatsächlich auch den Jugoslawien-Handke, der die Weltöffentlichkeit bis mindestens 2006 beschäftigt hat, aber "leider nur im Sinne eines vulgär-politischen Diskurses". Er verweist auf frühere Jugoslawien-Geschichten, etwa"Die Wiederkehr" oder "Die Abwesenheit". "Da fing das erst an, dass ich kein Buch mehr ausgelassen hab."
Und wie kommt der Fan eines Autors, der am liebsten mit dem Bleistift schreibt, zum Bloggen? Struck fing mit privaten Lektürenotaten an, brachte sich 2005 für eine kurze Zeit beim Mitmachforum Nensch.de ein, seit Anfang 2006 ist er eigenständig mit seinem "Begleitschreiben" aktiv. 400 Beiträge mit insgesamt 4000 Kommentaren hostet er inzwischen. Wenn er über Handke bloggt, schalten sich vom Handke-Übersetzer Michael Roloff bis zu Malte Herwig, dessen Handke-Biografie demnächst erscheint, die Spezialisten ein. Insofern ist Strucks Werdegang natürlich auch eine Erfolgsgeschichte des Internetzeitalters: Leute wie er waren und blieben im Literaturbetrieb alter Schule unsichtbar und allein.
Heute, und diese Errungenschaft der Netzkultur ist gar nicht hoch genug einzuschätzen, hat ein Leser ohne Beziehungen zum Betrieb, ohne Vernetzung im klassischen Sinne, ganz andere Möglichkeiten. Auch die knallharte Dichotomie zwischen Laien-Lesern und Profi-Kritikern, die uns die Branche noch vor Jahren einbleuen wollte, steht nicht mehr unangefochten. Qualitativ sind Strucks Buchbesprechungen allein von ihrer Länge her die pure Anmaßung gegen die etablierten Feuilletons, in Sachen Gründlichkeit können sie es sowieso mit der Großkritik aufnehmen. Struck selbst sieht das bescheidener, vermutlich auch realistischer: "Meine Sachen sind zugegeben zu lang, vermutlich auch viel zu speziell." Wobei bestimmte User genau das schätzen: "Die Buchrezensionen sind nach meinem Eindruck besser als die in den renommierten Zeitungen. Nicht gar so verschwurbelt formuliert und mehr mit Originalzitaten belegt", so ein Kommentar.
Dem ganzen Blog "Begleitschreiben" liegt ein beinahe provozierend altmodischer Glauben an das Leitmedium Literatur zugrunde. Struck beharrt auf dem Unterschied zwischen literarischer und journalistischer Sprache (etwa in "Gerechtigkeit für Serbien"), auch wenn alle Welt in Sachen Handke auf eine aufgeregte Medienwirklichkeit abonniert ist. In Handkes Jugoslawien-Nostalgie sieht er keine Dummheit oder gezielte Provokation, sondern nur ein Zerfallsprodukt jenes Jugoslawien-Traumbildes, das Struck "Handkes Arkadien" nennt - eine These, die er in einem eigenen Buch weiter vertiefen möchte.
Also Gerechtigkeit für Handke? Weiß Gott nicht: Wer Struck bei "Begleitschreiben" oder auch im Online-Magazin "Glanz & Elend" liest, wird feststellen, dass hier kein blindwütiger Eiferer am Werk ist. Wohl einer, in dessen Referenzsystem auch bei Buchbesprechungen zu ganz anderen Autoren der Name des Österreichers öfter fällt. Aber einer, der Handke auch unverblümt einen "Autisten" nennt.
Auch wir sitzen wie halbe Autisten mitten in der sommerlichen Düsseldorfer Fußgängerzone: Der Cappuccino ist längst ausgetrunken, die Cola warm geworden, und erst jetzt merken wir, in was für ein Handke-Setting wir hier eigentlich geraten sind: Erst wurde gedrehorgelt, dann fuhr die Kehrmaschine, jetzt wird Kanal abgesaugt - ein Lärm wie in der "Niemandsbucht". Es gibt da diese Szene, wo der Erzähler sich seitenlang über die ganzen Rasenmäher, Laubbläser und Häckselmaschinen seiner "Allmaschinennachbarn" auslässt. Und was setzt der Schriftsteller dem entgegen? Naja - er tritt vor die Tür und versucht, sich beim Bleistiftspitzen bemerkbar zu machen, indem er "lautestmöglich in das Spitzgerät" bläst: "Ein anderer Lärm fiel mir nicht ein." Bornierte Handke-Hasser finden das natürlich peinlich. Struck aber schultert seine feine Herrentasche und sagt: "Wenn das kein Humor ist, dann weiß ich auch nicht!"
Lothar Strucks Blog: begleitschreiben.twoday.net

AND THE COMMENT I LEFT AT 'DIE WELT


 Als Handke's erster Amerikanischer Uebersetzer und Verleger und jetzt Handke Wissenschaftler habe mich lange mit Lothar Struck ueber Handke unterhalten, bis der liebe Lothar sich als unkritischer Anbeter entpuppte [anhand MORAWISCHE NACHT] Er was  Lektor  meines  "Dem Handke auf die Schliche"
http://www.van.at/see/mike/index.htm
Handke nennt sich selbst Autist, ein Mediziner hat's ihm gesagt, siehe das Ganter Interview "Ich Lebe doch nur von den Zwiwchenrauemen." Die volkommen programmierte Welt, insgesammt  fernsehenden Intellektuellen, haben es Handke leicht gemacht gegen die primitive Verteufelung der Serben zu wettern. Aber als es darauf ankam fuer Milosevics als Zeuge aufzutreten, da genuegte die Kurasch nicht. Handke ist ein selten zwiespaeltiger Mensch, es steckt ungeheurlich viel Liebe in ihm, und sehr viel das mich zum kotzen reizt. http://handke-magazin.blogspot.com/2010/06/handke-magazine-is-over-arching-site.html

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